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Pestizidexposition von Kindern

In der vom Swiss TPH-Institut im Auftrag des Staatsrats durchgeführten Studie, die zum Ziel hatte, die Pestizidexposition von Kindern zu messen, die in der Nähe von Wein- und Obstkulturen leben, wurde kein kurzfristiger Zusammenhang zwischen Pestizidexposition und Atemwegssymptomen wie Husten oder Atembeschwerden hergestellt. An der Studie waren 206 Kinder der Schulen in Chamoson, Salgesch und Saxon beteiligt. Von den 81 Pestiziden, auf welche die Armbänder, die von den Kindern getragen wurden, untersucht worden sind, konnten 36 nachgewiesen werden. Auch zwei Biomarker, auf die das Urin getestet wurde, konnten festgestellt werden. Das Pestizidexpositionsniveau hing mit der Jahreszeit, der Nähe zwischen Wohnort und Anbauflächen und der Grösse dieser Anbauflächen zusammen. Angesichts dieser Feststellungen formuliert das Swiss TPH Empfehlungen zur Verringerung der Pestizidexposition. Der Kanton Wallis wird diese Empfehlungen evaluieren, um sie zusätzlich zu den Massnahmen umzusetzen, die er bereits zur Schulung und Sensibilisierung von Fach- und Privatpersonen in Bezug auf die Anwendung von Pestiziden und die Kontrolle der sachgemässen Nutzung ergriffen hat.


Im Dezember 2022 erteilte der Staatsrat dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH, assoziiertes Institut der Universität Basel) den Auftrag, eine Studie über die Exposition von Kindern gegenüber Pestiziden aus der Behandlung von Wein- und Obstkulturen und ihre möglichen Auswirkungen auf die Atemwegsgesundheit durchzuführen.


 

Perimeter der Studie


Diese Studie wurde vom Swiss TPH bei Kindern der Stufen 3H bis 8H der Schulen in Chamoson, Salgesch und Saxon durchgeführt. Diese Orte wurden unter Berücksichtigung der Wein- und Obstanbauflächen in der Nähe der Grundschulen und der Art der jeweiligen Kulturen ausgewählt. An der Studie, die von Januar bis Juni 2024 durchgeführt wurde, beteiligten sich 206 Kinder. In diesem Zeitraum wurden viermal Expositionsmessungen vorgenommen: einmal ausserhalb der Sprühsaison für Pflanzenschutzmittel (Januar/Februar) und dreimal in der Sprühsaison (April, Mai und Juni).


 

Studienergebnisse


Die Exposition wurde mithilfe von Silikonarmbändern gemessen, welche die Schülerinnen und Schüler während der Messzeiträume eine Woche lang am Handgelenk trugen. Von den 81 untersuchten Pestiziden wurden 36 in mindestens einem der vier Messzeiträume auf den Armbändern nachgewiesen. Von diesen 36 Pestiziden wurde die Hälfte (18) nur selten nachgewiesen (bei weniger als 5% der Kinder). Sechs Pestizide, alle davon Fungizide, treten häufiger auf und wurden bei mehr als 40% der Kinder festgestellt. Jedes Kind war während mindestens einem Messzeitraum mindestens einem Pestizid ausgesetzt (Durchschnitt pro Kind: 14, Minimum: 1, Maximum: 32). Auch zwei Pestizidbiomarker, auf die das Urin getestet wurde, konnten festgestellt werden.


Die Pestizidexposition war von April bis Juni – den Monaten innerhalb der Sprühsaison für Pflanzenschutzmittel – höher als im Januar/Februar. Das Expositionsniveau hing ebenfalls mit der Nähe zwischen Wohnort und Anbauflächen und der Grösse dieser Anbauflächen zusammen. Die Pestizidexposition von Kindern war in den drei Gemeinden, in denen die Studie durchgeführt wurde, unterschiedlich, was auf die Art der jeweiligen Kulturen und die dementsprechende Art und Menge der angewendeten Pestizide zurückzuführen ist.


In der Studie wurde die mögliche Verbindung zwischen der Exposition gegenüber den sechs am häufigsten auf den Armbändern nachgewiesenen Pestiziden und den beiden im Urin untersuchten Pestizidbiomarkern einerseits und Atemwegsbeschwerden der Studienteilnehmenden andererseits untersucht. Anhand der durchgeführten Analysen konnte kein kurzfristiger Zusammenhang zwischen den gemessenen Pestizidkonzentrationen und Atemwegssymptomen wie Husten oder Atembeschwerden aufgezeigt werden. Bei den Spirometriemessungen (Spirometer sind Geräte, die das Luftvolumen in der Lunge und den Atemfluss messen) konnte jedoch ein Zusammenhang zwischen zwei Pestiziden (Propiconazol und Metalaxyl) und einer leichten Abnahme bestimmter Parameter der Lungenfunktion hergestellt werden, ohne dass damit jedoch erhebliche Symptome in Verbindung gestanden hätten.


 

Empfehlungen des Swiss TPH zur Verringerung der Exposition 


Angesichts der Studienergebnisse formuliert das Swiss TPH Empfehlungen, die der Verringerung der Pestizidexposition dienen sollen. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Massnahmen in der Landwirtschaft empfiehlt das Institut den Behörden, den Plan des Bundes zum Monitoring der Sprühpestizide zu unterstützen, landwirtschaftliche Betriebe und andere Anwender von Pestiziden (Sportplätze und Parkanlagen) zu kontrollieren und dort die Nutzung von sichereren alternativen Pestiziden zu fördern. Es befürwortet ausserdem die Schaffung von Pufferzonen zwischen den Anwendungsflächen von Pestiziden  und Wohngebieten, die Erarbeitung praktischer Tipps für die betroffenen Bevölkerungsgruppen, die ihre Exposition verringern möchten, die Förderung des Dialogs auf lokaler Ebene zwischen den betroffenen Bevölkerungsgruppen und Fachpersonen, die Pestizide anwenden, und die Unterstützung der Forschungsvorhaben auf nationaler Ebene in Bezug auf das Monitoring der Exposition der Bevölkerung und ihrer gesundheitlichen Auswirkungen.


Ausserdem empfiehlt das Swiss TPH professionellen Pestizidanwendern, fortschrittliche Sprühtechnologien zu nutzen, um die Abdrift der Produkte zu verringern, laufend zu überprüfen, ob die verwendeten Pestizide den geltenden Vorschriften entsprechen, Pestizidbestände, die den Normen nicht mehr entsprechen, zu entsorgen und keine Kleidungsstücke, auf denen sich potenziell pestizidhaltiger Staub befinden könnte, in bewohnten Gebäude zu lagern.


 

Umsetzung der Empfehlungen des Swiss TPH durch den Kanton


Der Kanton Wallis wird die Empfehlungen des Swiss TPH evaluieren, um sie umzusetzen. Er setzt bereits die aktuell auf Bundesebene vorgesehenen Massnahmen wie den Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere mit einem kantonalen Aktionsplan. Er unterstützt das digiFLUX-Monitoring zur Verwendung dieser Produkte und das Vorhaben einer Schweizer Gesundheitsstudie zur Messung der Auswirkungen von Pestiziden auf die Gesundheit.


Auf kantonaler Ebene sind bereits Massnahmen in Kraft. In der Landwirtschaft wurden die Kontrollen verschärft und der Schwerpunkt auf Ausbildung, Sensibilisierung und kontinuierliche Kommunikation zum Thema Pflanzenschutz gelegt. Ausserdem sieht das kantonale Landwirtschaftsgesetz seit 2024 vor, Nutzungskonflikte zwischen landwirtschaftlichen und angrenzenden Bauzonen besser zu regeln. Im Bereich Umwelt organisierte die Dienststelle für Umwelt im Jahr 2021 Workshops zur Sensibilisierung der Bevölkerung für den richtigen Einsatz von Pestiziden. Darüber hinaus ist der Kanton Wallis an der interkantonalen Informationsplattform energie-umwelt.ch beteiligt, die unter anderem Tipps zur Gartenpflege gibt.


Diese Massnahmen müssen jedoch besser koordiniert, verstärkt und ausgeweitet werden, um insbesondere alle Anwender von Pestiziden zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck beauftragt der Staatsrat eine interdepartementale Arbeitsgruppe mit der Erstellung eines Aktionsplans, in dem die zur Umsetzung der Empfehlungen von Swiss TPH erforderlichen zusätzlichen Massnahmen vorgesehen werden, wobei insbesondere folgende Bereiche zu prüfen sind:

  1. Schulung der Pestizidanwender;
  2. Monitoring und Kontrolle der Pestizidanwendung im Einklang mit den auf nationaler Ebene ergriffenen Massnahmen;
  3. Information der breiten Öffentlichkeit über die individuellen Massnahmen zur Expositionsverringerung sowie Förderung des Dialogs auf lokaler Ebene;
  4. Raumordnung (Kohärenz in Bezug auf Wohn- und Anbaugebieten, Umgang mit Grenzflächen zwischen diesen Gebieten).